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Felix Stöckle

Felix Stöckle (*1994) ist bildender Künstler und Mitbegründer des Vereins Q90 in
Biel/Bienne, der die offene Siebdruck-Werkstatt Turbo Press betreibt. Er hat einen Bachelor der Hochschule Luzern im Bereich Kunst und Vermittlung, den er 2021 mit der Lithografie & Siebdruck-Reihe HG 85 abschloss. Die Serie von Granaten-Monotypien ist Teil einer andauernden Recherche; Felix Stöckle bearbeitet kritische Fragen zur Position der Schweiz in vergangenen und gegenwärtigen Kriegen und nähert sich in einer zeitgenössischen Betrachtung und mit verflochtenen Referenzen den Widersprüchen und dem kulturellen Erbe dieser Kriege an. Seine Suche führte ihn beispielsweise in den Kampfmittel-Fundus der Schweizer Armee in Interlaken: Daraus entstanden bereits mehrere Werkreihen; Stöckle setzt sich in vielfältigen Medien wie der Fotografie und dem Druck, sowie kunsthandwerklichen Techniken wie dem Holzschnitzen und Kachelarbeiten mit der Abstraktion und der Ästhetik der bunten Kriegsmaterialien auseinander. Waffen und Geschosse werden in der Schweizer Armee farbcodiert, die Übertragung dieser Farben in einen zweidimensionalen Druck isoliert den ästhetischen Aspekt dieser Objekte, die aus der Schweiz in Kriegsgebiete exportiert werden – in eine Realität, die sich dem hiesigen Verständnis grösstenteils entzieht. Die bonbon-poppigen Illustrationen in den Drucken und die handwerkliche, unbedarfte Ausführung der skulpturalen Arbeiten vergrössern einerseits den Abstand zur grimmen Kriegsrealität, bringen sie aber gleichzeitig durch ihren affektiven Charakter nahe. Felix Stöckle transportiert die Beziehung der Schweiz zu ausländischen Kriegen auch durch das Kunsthandwerk mit (lokalen) geografischen und historischen Bezügen. In einer textilen Arbeit von 2019 stickte er ein oranges Schweizerkreuz auf ein weisses Baumwolltuch, das auf die traditionelle Ostschweizer Textilindustrie und ihre Exporte im ersten Weltkrieg verweist. Die orange Farbe evoziert die Gegenwart mit Detailhändlern, Versandhäusern und globalem Warenverkehr. Neben seiner künstlerischen Arbeit engagiert er sich in vielfältigen kulturellen Kontexten: Schon vor seinem Studium arbeitete er in St. Gallen im Kunst Kiosk, dem Jugendkulturraum flon und als Assistent bei Frank & Patrik Riklin sowie bei Daniel Eggli. Über dieses breite Netzwerk bekam er Einblick in das konzeptuelle künstlerische Arbeiten, gewann neue handwerkliche Kenntnisse und in der Organisation von Kunstprojekten. Diese Erfahrungen spiesen seine Motivation, sich vertiefter mit Kunst auseinanderzusetzen, und prägen bis heute eine vielseitige, engagierte Praxis. Felix Stöckle setzte sich zudem im Vorstand des St. Galler Kulturkonsulats – und heute im Kunstverein Biel – für die Anliegen des lokalen Kunstschaffens ein und prägt so die Förderung und Aktivierung von regionalem künstlerischen Schaffen mit. In der hybriden Form des Ateliers von Turbo Press, in dem auch Ausstellungen und Workshops organisiert werden, findet Felix Stöckles polyvalente künstlerische und kuratorische Praxis mit vielfältiger Kooperation zusammen und setzt seine breite Erfahrung produktiv ein. Das Atelier wurde in kurzer Zeit zu einem Raum der fleissigen, lokalen Kunstproduktion und -präsentation. Durch rege Zusammenarbeit mit Künstler:innen, Institutionen und Verlagen und der Öffnung der Werkstatt für Residenzen ist der Verein gleichzeitig Katalysator und Refugium künstlerischer Experimente und schlägt Brücken zwischen verschiedenen Praxen der ganzen Schweiz, insbesondere der französischen und deutschen Sprachregion.
Geschrieben von: Anja Delz, Merci

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Unterer Quai 90
2502 Biel